Kugelfische im Muttermund
steirischer herbst, die vierte Woche: Ohne Wehmut geht das Festival zu Ende
Tagebuch: Thomas Wolkinger
Der Dienstag. Es war ja eher ein herbst der geschlossenen Räume und Anstalten. Nur das Kollektiv fritzpunkt ist regelmäßig aus dem Kunstknast ausgebrochen und hat sich - nördlich wie südlich - walkend in elf Tagen und Nächten den 3305-Seiten-Roman "Dessen Sprache du nicht verstehst" in frischer Luft erlesen. Bis nach Leibnitz sind die fritzpunkte derart gelangt! Sehr sportlich, auch wenn sie dafür die Bahn genommen haben. Die übrigen Projekte, die sich in die Welt wagten, haben es bescheidener gegeben. Hier und dort stieß man in der Stadt auf Aufkleber mit Andrea Ressis Piktogrammen, deren holzschnitthafter Anti-Rassismus ein mattes Lächeln auf die Lippen Eingeweihter zu zaubern vermochte. Und dann war da noch Joachim Hainzl, dieser unermüdliche Wanderprediger künstlerisch gewandeter Gesellschaftskritik. Letztes Jahr hat er Müll vors Rathaus gekippt, heuer Slogans wie "Religionsfreiheit ist mir heilig" - gezeichnet mit "Susanne Winter" und im FPÖ-Design - in der Stadt plakatiert. Das hat für Missverständnisse gesorgt, am Dienstag hat Hainzl sie an seinem Infostand am Südtirolerplatz wortreich auszuräumen versucht. Der Mann weiß, was sich gehört.