Aufruhr bei den Hoppenstedts
Diesmal: Der beste Humorist der Welt der Woche
Das Wort Sketch kommt zwar aus dem Englischen, wurde im Laufe der Jahrzehnte aber zu einem Synonym für die Schattenseiten deutscher TV-Unterhaltung – von den gespielten Witzen eines Dieter Hallervorden bis zu den Abgründen der Comedy-Shows.
Der Kontinuität grimassenschneidenden Geblödels, das sich an der eigenen Doofheit berauscht (Irrtumsparole: „So schlecht, dass es schon wieder gut ist“), steht aber auch ein Komplex der Pointenproduktion gegenüber, der echte Wertarbeit leistet und das dumme Klischee von der deutschen Humorlosigkeit Lügen straft.
Der absolute Sir unter den deutschen Humoristen ist Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow, kürzer: Vicco von Bülow, ganz kurz: Loriot. Er brachte Allotria ins altdeutsch möblierte Wohnzimmer.
Wenn Loriot die Konventionen, an denen man in der Welt der Hoppenstedts und Müller-Lüdenscheids geradezu zwangsneurotisch festzuhalten versucht, mit seiner sorgfältigen Eskalationskunst in Trümmer legt, tut er dies nicht aus bloßer Zerstörungsfreude oder um den ohnedies anachronistisch gewordenen Typus des Spießers noch einmal sozialkritisch zu entlarven.
Aus dem Kontrast von panischer Ordnungsbestrebung und anarchischer Angstlust schlägt er vielmehr Funken zeitloser Komik („Herr Doktor Klöbner! Ich leite eines der bedeutendsten Unternehmen der Schwerindustrie und bin Ihnen in meiner Badewanne keine Rechenschaft schuldig!“), und wenn Herrn Blümel im Zuge eines Benimmkurses die Tischkonversation über die Kochkünste seiner Frau und die hygienischen Standards ausländischer Campingplätze nicht mehr so leicht über die rotweinschwere Zunge gehen („Du sauberer, gepflegter Campingkloß“), liegt darin auch die Hoffnung, man möge hinter der Fassade stupiden Smalltalks zu wahrer Verständigung vordringen.
Am 12. November begeht Loriot seinen 85. Geburtstag. Er lebe hoch!