Wenn Samenbanken im Permafrost auftauen
Wolf Schneiders Romanversuch über hunderttausend Jahre Menschheitsgeschichte lässt den Leser ratlos zurück
Rezension: Peter Iwaniewicz
Wenn wir die Geschichte der Menschheit gleich 24 Stunden setzen, dann wäre der Homo sapiens sapiens um 23.28 Uhr in Erscheinung getreten, und Christi Geburt wäre auf 100 Sekunden vor Mitternacht gefallen. So kurz ist die Zeitspanne, in der wir aufgeregt herumfuchteln, als ob sie Weltgeschichte wäre“, schreibt Wolf Schneider eingangs zu seinem neuen Buch, in dem er sich aufmacht, „den Roman der Menschheit zu erzählen – die atemberaubende Geschichte, wie aus einem Häuflein überdurchschnittlich begabter Affen der Herr der Erde wurde.“
Das ist eine literarisch wie wissenschaftlich komplexe Herausforderung, der sich bislang vor allem angloamerikanische Sachbuchautoren wie Bill Bryson mit seinem Bestseller „Eine kurze Geschichte von fast allem“ gekonnt gestellt haben. Wolf Schneider ist als Nestor des deutschen Qualitätsjournalismus dazu ebenso berufen: Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in Washington, Verlagsleiter beim stern, Chefredakteur der Tageszeitung Welt, Leiter der Hamburger Journalistenschule und Autor von 28 Sachbüchern. Für seine Leistungen auf dem Gebiet der Sprachpflege und Sprachkritik wurde Schneider mit dem „Medienpreis für Sprachkultur“ ausgezeichnet.