An Martin Luther Kings Avenue
Was erwarten sich Schwarze von Obama? Ein Besuch in Washingtons Problembezirk Anacostia
Reportage und Fotos: Cornelia Mayrbäurl, Washington
Anacostia ist kein einfaches Terrain für Weiße. Der Stadtteil im Südwesten Washingtons liegt zwischen der Good Hope Road und der Martin Luther King Jr. Avenue. Die Namen dieser Verkehrswege sind ein bloßes Versprechen. „Wenn Weiße hierherkommen, dann meist, um Drogen zu kaufen“, erzählt Tony Lukin. Er kennt sich hier aus. Lukin arbeitet für Acorn, eine Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, Wohnen für Arme leistbar zu machen. Im US-Wahlkampf hat Acorn 1,3 Millionen Amerikaner vom unteren Ende der Gesellschaft dazu gebracht hat, sich als Wähler registrieren zu lassen.
Die Wahl ist vorbei, der Herbstnachmittag ist noch genau so sonnig wie der Wahlabend. Lukin biegt von der Martin Luther King Jr. Avenue ab, um seinen Klienten einen Besuch abzustatten. Plötzlich heult die Polizeisirene auf. Der Beamte nimmt es besonders genau. Dutzende „Thank you, Sir“ und „God bless you, Sir“ später sowie mit dem Nachweis, dass er Sozialarbeiter ist, kommt Lukin ohne Strafmandat davon. Er hatte schlicht und ergreifend vergessen zu blinken. „Es ist wegen der Drogen, deswegen checken die uns so genau“, erklärt er. Anacostia ist keine einfache Gegend für Weiße.