An den Mond von einem andern Holz
Von Gott und dem neuen Menschen: neue Gedichtbände von Julian Schutting und Evelyn Schlag
Rezension: Erich Klein
Julian Schuttings Gedichtband „An den Mond“ beginnt mit der sieben Seiten langen Frage an Ophelia: „Was bringt dich dazu … die von dir ertränkte Liebe / flutend weiterzusingen?“ Die Antwort folgt auf hochgetöntem Versfuß. Schließlich ertönt aus dem alten Haus deutscher Hymnen und Oden die selbstkritisch-skeptische Gegenfrage an die heutigen Dichter: „Tja, was unsereins Vor-sich-Hindichtendes unter Gedichten versteht“ – Banalitäten.
Himmel ist vermutlich das häufigste Wort in Schuttings Gedichtwelt zwischen Dachstein und Hölderlins Wahnsinn – bis die Wörter sich schließlich verdrehen: „dich himmlisches Kinde, / umschwirren fahnenflüchtig die Schwannen“. Irgendwann verhaspelt sich schließlich der dichterische Gedankenflug von Himmel zu Himmler. Folgerichtig beginnen Schuttings „politische Gedichte“ mit einem forschen Verdikt: „Worüber man nicht reden kann – / darüber haltets die Goschn.“ Gezetert wird auch hier in gehobenem Ton, neben den täglichen Bombardements der Weltpolitik kommen auch vaterländische Stilblüten des Ungeists zur Sprache. In „Ariels Geist“ führt eine rabiate Assoziationskette von „Dreck am Stecken“ zum Alten Testament und zur Umdeutung des Namens Muzicant in „Gottesherd“.