Die meisten überschätzen sich
Harald Fichtinger ist Spezialist für die Eiger Nordwand – besonders im Winter
Porträt: Nicole Scheyerer
Bedrohlich und böse sieht der Berg aus, während die Kamera ihn im Schlechtwetter umkreist. Furchtbar die Dramen von Schneesturm, Steinschlag, Erfrieren und Absturz, die sich hier schon abgespielt haben. Über 60 Menschen sind seit den 30er-Jahren am Eiger in den Berner Alpen umgekommen.
Der Spielfilm „Nordwand“, derzeit in den Kinos zu sehen, verarbeitet das Schicksal von vier jungen Gipfelstürmern, die im Jahr 1936 am Eiger beim Versuch der Erstbesteigung ihr Leben ließen. Über 1000 Mal wurde die „Mordwand“ seit damals erfolgreich durchstiegen. Hat die Eigerwand 70 Jahre nach ihrer Bezwingung im Jahr 1938 denn jeden Schrecken verloren?
„Dieser Berg ist unheimlich“, sagt Harald Fichtinger. Beim Termin mit dem Bergführer, der passenderweise im Café Stein stattfindet, lobt der 34-Jährige die „relativ realistische“ Machart des neuen Films. „Der Eiger hat eine konkave Form und zieht dadurch Gewitter und Schlechtwetter regelrecht an“, erklärt Fichtinger die Eigenart des mythenumwobenen Fast-Viertausenders. Und dennoch hat sich der in Innsbruck ansässige Bergfex auf Führungen in diese gefährliche Wand spezialisiert. „Ihr seid verrückt, euch wird keiner buchen“, hieß es vor einigen Jahren, als Fichtinger und sein Partner Robert Winkler gemeinsam ihre Alpinschule Tauernwind gründeten.