Haas in der Drachengasse: sympathisch uneitel
Nach dem Kommissar Brenner stellte Wolf Haas 2006 einen schreibenden Antihelden mit seinem eigenen Namen ins Zentrum seines Romans „Das Wetter vor 15 Jahren“, der als Interview über eine fiktive Geschichte abläuft. Unter der Regie von Wolfgang Reiter kommt es nun in der Drachengasse zu dieser Begegnung zwischen Wolf Haas und der Vertreterin einer Literaturbeilage. Gestriegelt deutsch und doch kokett versucht Silke Buchholz hinter das Verhältnis des Autors zu seiner Geschichte und seinen Figuren und letztlich hinter das Geheimnis einer Liebe zu kommen. Der Autor wird sympathisch uneitel und doch von seinem Handwerk besessen gespielt von Clemens Matzka. Er entzieht sich persönlichen Fragen geschickt und ergeht sich, wie seine Romanfigur Vittorio, lieber in Beschreibungen von Wetter- und anderen Phänomenen. Für Humor, Spannung und Würze hat Haas gesorgt, vor allem, wenn es um die vermeintliche Vermeidung von Kitsch und Romantik geht. Während sich die komplexen Erzählstränge des Romans zu entfalten beginnen, kehrt ein Problem am Ende wieder: Wo tu ich den Kuss hin?