Gelesen
Bücher, kurz besprochen
Besser als ihr Ruf
Sind Politiker wirklich so machtgierig und abgeschottet, wie das Volk gerne glaubt? Oder sind es die Wähler, die eine Standpauke bräuchten, weil sie hochprofessionelle Arbeit verlangen und gleichzeitig auf "Berufspolitiker" schimpfen? Nikolaus Blome, Leiter des Berliner Büros von Bild, sagt es den Deutschen wegen ihrer paradoxen Ansprüche an die Volksvertreter einmal richtig rein. Das ist amüsant zu lesen, und einige Male zieht Blome interessante Vergleiche. Etwa wenn es um die angebliche Angst der Politiker vor Quereinsteigern geht.
Wer würde sich denn, fragt der Autor, von einem quereinsteigenden Chirurgen operieren lassen? Eine gute politische Idee durchzusetzen sei mindestens so anspruchsvoll, wie sie zu haben, und Politik daher ein Geschäft, das man lernen müsse. All jenen, die sich über die Überrepräsentierung von Beamten, Gewerkschaftern etc. im Parlament ärgern, legt Blome nahe, sich zu überlegen, was das einzig verlässliche Mittel völliger Durchmischung sei: auszulosen, wer Politiker wird, so wie einst in Athen. Ein interessanter Gedanke.
Cornelia Mayrbäurl
Nikolaus Blome: Faul, korrupt und machtbesessen? Warum Politiker besser sind als ihr Ruf. wjs Verlag, 155 S., € 16,50
Die Prozesse des Jahres
Die Gerichtsreportage ist kein sehr entwickeltes Genre im österreichischen Journalismus. Meist beschränkt sie sich auf Berichte, ,à la kleines Bezirksgericht". Dabei ist der Gerichtssaal das Guckloch in die Gesellschaft. Eine wohltuende Ausnahme unter heimischen Gerichtsreportern ist Ricardo Peyerl, der langjährige Gerichtsreporter des Kurier. Er lässt sich nicht anstecken vom Law-&-Order-Geschrei des Boulevards und versteht sein Fach wie kaum ein anderer. Nun legt Peyerl ein Buch mit seinen Gerichtsberichten des letzten Jahres vor.
Florian Klenk
Ricardo Peyerl: Von Bawag bis Westenthaler. Die Prozesse des Jahres 2008. Verlag Österreich, 133 S., € 26,-