Hundert Jahre Zeitausgleich
Befindlichkeitskolumne
Relax! Piraten sind auch nur Spießer
Es tut immer wieder gut, sich von Menschen, die ganz viel Geld haben, erklären zu lassen, dass es total unwichtig ist, weil ja total relativ! Reichtum hat nichts mit Geld zu tun! weiß Alexander von Schönburg oder so ähnlich, der bei Frühstück bei mir auf Ö3 über den europäischen Hochadel spricht. Dabei würden wir das gar nicht hören, wenn wir uns ein Radio leisten könnten, bei dem andere Sender störungsfrei empfangen werden können. Die Hongkonger Milliardärin Nina Wang kam bis April 2008 (da ist sie verstorben) mit 288 Euro pro Monat aus. Damit kann man eine Garconniere mit Klo am Gang mieten, ein iPhone kaufen, bei eBay drei Karpfenruten (Top-Zustand) erwerben oder ein durchschnittliches Weihnachtsgeschenkbudget 2008 stellen. Das lag 2007 noch bei 326 Euro, das reicht zum Beispiel für 50 ml Gesichtscreme aus sibirischem Kaviar, eine Tonne Rapssamen oder auch einen Festmeter niedersächsische Eiche. Eine der progressiveren Wirtschaftstheorien besagt übrigens, dass Kaufkraft (ähnlich wie Energie, wir erinnern uns) nie verloren geht, sondern nur woanders hingeht. In andere Segmente, zu den Alexander von Schönburgs oder Swarovskis oder zu den somalischen Piraten, die sich so viele Handys kaufen können, dass sie sie nach dem Telefonieren immer gleich über Bord werfen können. Und auch die sind, was Geld angeht, Spießer: First we look to buy a nice house and car. Then we buy guns and other weapons. The rest of the money we use to relax.
Dramatiker Johannes Schrettle ist zwar kaum in Graz, dennoch weiß er immer was von dort zu berichten