Nervensegen
Wien ist schon sehr katholisch. Da trägt der Dompfarrer einen komischen Hut (und macht damit Reklame für eine Luxusgüterschau), da segnet ein Pater am Franziskanerplatz eine neue Cocktailbar (zwischen Aperitif und DJ-Line). Trinkt man heuer gar keinen Punsch fürs Gotteshaus? Vielleicht kommt US-Schauspieler Nicolas Cage ja deshalb so gern mit Gattin und Sohn in unser Städtchen: vielleicht, weil’s hier grad gar so fromm zugeht? Genau: The Cages are in town! Und die nationale Klatschpresse bepinkelt sich vor Vergnügen, wenn Familie Cage geschlossen Opern, Gaststätten oder Unterführungstanzlokale besucht. Schon klar, Mr. Cage war einmal die coolste Sau von Hollywood. Jetzt ist er’s aber irgendwie nicht mehr. Und welcher 17-Jährige geht schon mit den Eltern in die Disco?
Die wirklich coolsten Geschöpfe, die vergangene Woche in Wien aufgetreten sind, heißen sowieso Rica Blunck, Viktor Marek und Jacques Palminger (ein Drittel der Gute-Laune-Formation Studio Braun). Als Könige des Dub-Rock rockte das Trio die brut-Station im Konzerthaus mit außergewöhnlichen Chansons – wobei die psychodelische Showtreppe, die man uns versprochen hatte, leider nur virtuell da war. Ganz kurz kam man sich vor wie in einer bekannten Hamburger Hafenkaschemme: ganz große goldene Pudelschule eben. Haben wir schon gesagt, wie bezaubernd Hamburg ist; so entspannt protestantisch?