Schüler am Rand
Früher waren sie die Schule ums Eck, nun sind sie soziale Auffangbecken. In Wien entstehen Ghettoschulen
Reportage: Ingrid Brodnig
Christoph Columbus trifft Isabella I., die spanische Königin. „Sei gegrüßt, Columbus“, sagt Danica*, das Mädchen mit den blondgefärbten Haaren. Columbus, der eigentlich Andrej heißt und 13 Jahre alt ist, verbeugt sich und sagt: „Hallo, Eure Majestät!“ Die Klasse lacht. Das war nicht der richtige Ton für eine Königin.
Rollenspiele, mehrsprachige Arbeitsblätter, Suchrätsel. Das gibt es alles in der Geschichtsstunde der 3b. Der Unterricht ist fortschrittlich. Muss er auch sein. Denn von 30 Kindern haben 29 eine andere Muttersprache als Deutsch. Die 3b an der Schopenhauerstraße 79, einer Hauptschule in Währing, ist da keine Ausnahme. Neun von zehn Schülern stammen aus Migrantenfamilien. Kinder, die nach der Volks- in die Hauptschule gehen. Kinder, die anderswo durchgeflogen oder gerade erst in Österreich angekommen sind. Einfach gesagt: Die Schopenhauerstraße ist eine Restschule. Der Ort für jene Kinder, die nicht im Gymnasium oder privaten Hauptschulen unterkommen.