Der „größte Diebstahl der Menschheitsgeschichte“
Der Journalist Misha Glenny dokumentiert Methoden und Macht des weltweiten organisierten Verbrechens
Rezension: Martin Zorn
Es ist eine Reise in die globalisierte Unterwelt, die der britische Journalist Misha Glenny in seinem Buch dokumentiert. 300 Interviews hat er zwischen 2004 und 2007 mit Mafiabossen, Mitläufern, Polizisten, Journalisten und Politikern auf der ganzen Welt geführt – unter anderem in Russland, Bulgarien, dem ehemaligen Jugoslawien und Kolumbien. Das Bild, das er zeichnet, verstört.
Im ehemaligen Jugoslawien waren es westliche Handelssanktionen, die die Bevölkerung in bittere Armut gestürzt und die Nachbarländer, besonders Bulgarien, massiv wirtschaftlich geschädigt haben. So wurde die ganze Region zum Nährboden für die Mafia: Blitzartig organisierte sich ein Netz aus Geschäftsleuten und Mafiosi mit dem Ziel, die Sanktionen zu umgehen. Die verarmende Bevölkerung Serbiens musste Wucherpreise für Benzin und andere Güter des täglichen Bedarfs zahlen und schuf so den Reichtum der „Tycoons“, die heute zu den größten Investoren in Serbien zählen. Während die Bevölkerung mit nationalistischen Parolen aufgehetzt wurde, handelten die Tycoons miteinander, über alle Grenzen hinweg und zu ihrem gemeinsamen Wohl – und manchmal auch zum Wohl des Westens, der beide Augen zudrückte, als der montenegrinische Präsident den Schmuggel zollfrei importierter Zigaretten nach Italien erlaubte. So finanzierte er seinen Widerstand gegen Slobodan Miloševic´.