Enthusiasmuskolumne
Diesmal: die beste kanadische Band der Welt der Woche
Die Mutti stammt aus Honduras
Die These, der zufolge Sangesfreudigkeit als untrügliches Indiz für Friedfertigkeit und moralische Integrität gelten dürfe, kann als mehrfach widerlegt gelten. Schade, aber die Beweislage ist leider erdrückend. Wird vielleicht andersrum ein Schuh draus? Menschen, die besonders schöne Musik machen, sind besonders gut? Oder besonders glücklich?
Es spricht einiges dafür. Die schottische Schriftstellerin A.L. Kennedy hat schon vor Jahren in einem Falter-Interview darauf hingewiesen, dass die Kanadier a) gut und b) glücklich sind. Das ist in sich schon mal ein interessanter Ansatz (Gutsein macht glücklich?!), wird aber noch um einiges interessanter, wenn man bedenkt, dass die Kanadier nicht nur a) netter zu ihren Ureinwohnern waren als die Amis, b) regelmäßig zur glücklichsten Nation der Welt gewählt, sondern auch noch c) ein super Popkontinent sind. Das ist ein bekanntes Faktum und sei hier nur noch durch Namen wie Leonard Cohen, Neil Young, Gordon Lightfoot, Joni Mitchell, k.d. lang, Peaches, Leslie Feist oder Arcade Fire belegt.
Als neuen Antrag nehmen wir diese Woche The Acorn dazu. Die stammen aus Ottawa, wurden 2003 von ihrem Sänger und Frontmann Ralph Klausener gegründet und haben im Vorjahr ihr erstes richtiges Album herausgebracht. Weil sich der Kanadier daran schon mal erfreut, hat er es mit dem Export nicht zu eilig. Bei uns kannte „Glory Hope Mountain“, das von Klauseners aus Honduras stammender Mutter handelt, bislang keine Sau.
Jetzt hat es die britische Pop-presse entdeckt und abgefeiert. Zu Recht. Über weite Strecken besteht es aus wunderschön dösiger Bimmel-bammelindiemusi, die sich im grandiosen „Flood, Pt. 1“ aber zu tribalistischem Friedenspfeifenfreefolk aufrafft und John Coltranes „A Love Supreme“ als Bassline für einen hypnotischen Song nutzt, der auch von David Byrne stammen könnte. Wer’s nicht glaubt, ist ein schlechter Mensch!