Der zärtliche Zampano
Der Dichter und Lebenskünstler Alexandre Romanès gastiert mit seinem Cirque Tsigane in Graz
Porträt: Birgit Lehner/Paris
Eine Stunde vor Vorstellung ist am Gelände am Pariser Stadtrand, auf dem die Familie Romanès ihr Zelt aufgeschlagen hat, noch kein Mensch zu sehen. Eine Ziege grast auf einem Flecken Rasen zwischen einer Hochhausmauer und einer Leine mit zum Trocknen aufgehängten Teppichen, zwischen ein paar Wohnwagen vereinzelte Polstermöbel, auf einem Campingtisch ein großer Kochtopf. Wäre da nicht die rote Zirkuskuppel, könnte man das Ganze für einen verlassenen Lagerplatz halten.
Da biegt Alexandre Romanès im Auto ein, auf dem Kopf den obligaten Filzhut, der seine dunklen Augen beschattet, den scharfen, aber herzlichen Blick. Wir kommen ins Gespräch, reden über den französischen Roma-Autor Matéo Maximoff, den Alexandre noch gekannt hat. In Maximoffs Romanen erscheine die Kultur der Roma sehr patriarchalisch, merke ich an. "Vielleicht war sie das früher und nach außen hin", sagt er, "aber in Wahrheit hat das Wort der Frauen bei uns viel Gewicht".