Kochen in der Krise (1)
Ein Koch verziert die Wachteleidotter am Bisontatar mit Blattgold. Und das ist klug so
Gerichtsbericht: Werner Meisinger
Keine Sorge! Auch wenn uns der Russe das Gas abdreht, werden wir anständig weiterleben können. Es bleibt uns ja die kalte Küche der gutbürgerlichen Art. Russisches Ei boykottieren wir natürlich und wenden den Blick in Richtung des politischen Langzeitantipoden auf das Land, in dem die Bisons weiden. Schon kommen wir sehr gustiös auf den Gedanken an mürbgerittene Bisonlendenstücke und, übersetzt auf unsere vollmotorisierte Zeit, an Beef Tatar. Dieses lässt sich nämlich nicht nur aus Beef, sondern auch aus Bison zubereiten. Mario Lohninger demonstriert es in seinem Restaurant Micro im Frankfurter Cocoon-Club eindrucksvoll.
Natürlich kriegt man Bison auch bei uns und sehr wahrscheinlich auch als Beef Tatar, es ist dennoch argumentierbar und sogar erforderlich, für dieses Gericht nach Frankfurt zu reisen. Erstens ist Lohninger einer der interessantesten österreichischen Köche der Jetztzeit. Zweitens ist während der Schaffenspause von Christian Petz das hiesige Angebot an Beef-Tatar-Artisten schmerzlich ausgedünnt. Und drittens ist der Cocoon-Club an sich leidlich attraktiv, jedenfalls für solche, die an der Musik auch den Wattgehalt zu schätzen wissen. Der Club ist fett, der Bison mager - auch das eine schöne Kombination.