Weg mit der Bibliothek? Eine Replik auf Joachim Riedl
Architektur
Hermann Czech kritisierte in Falter 49/08 die Lage der Hauptbibliothek am Neubaugürtel; Joachim Riedl schalt ihn deswegen in Falter 51/08 einen "Barbaren", der eine "Tyrannei des Schönen" verfolge.
Joachim Riedls fulminante Lobpreisung der Hauptbibliothek am Gürtel ist schon recht; auch ich ziehe ja an dieser Stelle ein Sozialbauwerk dem einmal dort diskutierten Lugnercityfortsatz vor, wenngleich das ein respektables Stück Architektur gewesen wäre. Riedl hat meine Skepsis gegenüber architektonischer Intoleranz und medialen Abrissurteilen überlesen; mich in die ästhetisierende Ecke zu drängen, wird ihm nicht gelingen.
Woher kam denn der schöne freie Bibliotheksbauplatz am Gürtel? - Der Spätgründerzeit ist es gelungen, Architektur/Städtebau, Verkehrsbau und Wasserbau als Planungseinheit zu sehen: also Donaukanal, Wiental und Gürtel zugleich als Boulevard/Stadtbahn/Flussregulierung zu konzipieren. (Die Ringstraßenzeit hatte das noch nicht geschafft: Der Ring endet am Donaukanal; Fernbahnen und Donauregulierung sind isolierte technische Lösungen.) Hinter den neuen komplexen Strukturlinien stand der Architekt Otto Wagner, dessen Bedeutung für Wien ja nicht in irgendwelchen Jugendstilornamenten liegt.