Die kapitalisierte Liebe: Wie die Ökonomie Emotionen durchdringt
Mit ihrem Buch "Der Konsum der Romantik" - 2003 im Campus-Verlag erschienen - katapultierte sich Eva Illouz in die erste Reihe der globalen Soziologenzunft. Als "Meilenstein" (Neue Zürcher Zeitung) wurde die Studie gefeiert, das Attribut "brillant" verlieh ihr die Frankfurter Rundschau. Von einem "theoriepolitischen Ereignis" war die Rede. Darin analysiert die Professorin der Hebrew University Jerusalem, heute 47, wie Waren unser Liebesleben beeinflussen und kommerzielle Produkte unsere schiere "Idee" der Liebe prägen. "Die moderne romantische Liebe ist alles andere als ein vor dem Marktplatz sicherer, Hafen', sondern vielmehr eine Praxis, die aufs Engste mit der politischen Ökonomie des Spätkapitalismus verbunden ist." Das war eine schwere Herausforderung für weithin gehegte Alltagsvorstellungen, gehen doch die meisten Menschen davon aus, dass die Liebe das exakte Gegenteil von Ökonomie ist. Herrscht hier Profitstreben und Berechnung, steht da Altruismus und Zuneigung im Vordergrund. Ist das Marktleben von kühler Rationalität bestimmt, so ist die Liebe der Ort der Leidenschaft, der Irrationalität und der Hingebung. Aber das ist nicht der Fall: Werbewirtschaft, Star- und Sternchenwesen, Film und Literatur prägen unser Bild von der Liebe, unsere romantischen Momente konsumieren wir in Tanz- und Vergnügungsschuppen, und wir gestalten unser Liebesleben mithilfe von Dingen, die man kaufen kann. Was die Kritikerzunft aber am meisten frappierte: Illouz beschrieb diese Zusammenhänge nicht mit einem Gestus konsumkritischer Verwerfung, sondern durchaus positiv - und trotzdem ohne geistlose Affirmation. In ihren "Frankfurter Vorlesungen", 2006 unter dem Titel "Gefühle in Zeiten des Kapitalismus" (Suhrkamp) erschienen, knüpft Illouz daran an und beschreibt, wie nicht nur die Ökonomie unsere Emotionen durchdringt, sondern das Emotionale den zeitgenössischen Kapitalismus beeinflusst - etwa durch den "emotionalen Stil" führender Unternehmen, in denen "Soft Skills" wie kommunikative Kompetenzen, Imageproduktion und das Spiel mit Bedeutung ins Zentrum rücken.