Hundert Jahre Zeitausgleich

Befindlichkeitskolumne

Steiermark, FALTER 4/2009 vom 21.01.2009

Jede Zelle meines Körpers ist glücklich!

Krisen machen die Menschen in der Regel hinterhältiger, dümmer, weniger liebenswert und kreativer. Wenn es gilt, Wege zurückzulegen, zum Beispiel nach Mainz, sind öffentliche Verkehrsmittel nicht leistbar. Also zu Fuß gehen, Google Maps hilft: Wiener Straße - Brucker Straße - Schrauding - etc., insgesamt dauert das sechs Tage, elf Stunden. Aber auch soziale Netzwerke können helfen, zum Beispiel Mitfahrzentrale. Für die gewünschte Strecke bieten sich VIKTOR oder ROBERT an. Wem kann man eher vertrauen? Viktor, das klingt eher nach hochbürgerlichem Snobismus, Robert kann alles Mögliche sein. Die Wahl des Vornamens jedenfalls wird in Zeiten wie diesen immer wichtiger. Personalchefs, Menschen in Heirats- und Kontaktbörsen und andere, sie alle wählen erst mal anhand dieses Kriteriums, das sich auch im Wandel der Zeit verändert. Während Anfang des 20. Jahrhunderts Namen wie Paul, Johann oder Kurt als vulgär und gewöhnlich galten, stehen sie mittlerweile hoch im Kurs, vor allem im Vergleich mit Kevin. Im Endeffekt war die Wahl nicht schwer: VIKTOR schickte eine durchaus biedere, aber doch seriöse SMS, während ROBERT seine sympathische Telefonstimme einsetzte. Leider ist er ein Nerd, der in Mainz ein esoterisches Seminar besucht und sehr viel redet und einen Song auf YouTube gestellt hat, der ihm persönlich hilft, die Krise zu bewältigen, siehe Titel - unbedingt reinschauen und mitmachen, aber Roberts künftig meiden.

Dramatiker Johannes Schrettle ist zwar kaum in Graz, dennoch weiß er immer was von dort zu berichten

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