Ein Backhendl für Oberhauser – schon das ist kriminell. Oder?
Justiz
Eine Strafe darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die unter eine ausdrückliche gesetzliche Strafdrohung fällt.“ So lautet Paragraf 1 des Strafgesetzbuches. Er ist die Essenz des Rechtsstaats. Denn es herrscht Willkür, wenn der Bürger nicht mehr erkennt, ob er sich strafbar macht oder nicht.
Diese Maxime muss dieser Tage in Erinnerung gerufen werden. Denn der Boulevard hat einen neuen Sport entdeckt: das Skandalisieren von privaten (!) Anzeigen gegen vermeintlich korrupte „Amtsträger“.
Worum geht’s? Das neue Antikorruptionsgesetz sieht Haftstrafen für jene „Amtsträger“ vor, die „im Hinblick auf ihre Amtsführung für sich oder einen Dritten einen Vorteil“ annehmen. Das klingt reichlich unscharf – und öffnet der Willkür die Tür. Das spüren nun der ORF-Infodirektor Elmar Oberhauser und ein ÖBB-Manager. Sie wurden zum Skispringen am Kulm eingeladen. Die beiden standen nicht in der Kälte, sondern in der Edelloge von Sponsoren.
Eine Straftat? Ein Grenzfall? Ein Bürger zeigte die Manager an. News titelte: „Staatsanwaltschaft ermittelt!“ Oberhauser, sagt, er habe ja nur ein gespendetes Backhendl gegessen. Doch sein Ruf ist beschädigt.
Das Absurde: Vermutlich ist selbst der Verzehr des Hendls kriminell. Das Gesetz bleibt sträflich unklar. Nimmt man den Wortlaut her, dann reicht schon ein gespendetes Grillhuhn, um einen Amtsträger wegen „Anfütterung“ anzuklagen. Eine Geringfügigkeitsgrenze fehlt. Auch der Gratisflug in der Regierungsmaschine zu Kanzlers Staatsbesuch wäre verboten.
Ja, gut, dass Korruptionsgesetze verschärft werden. Jetzt gehören sie allerdings auch geschärft. Sonst herrscht Willkür statt Recht.