Kühe ohne Kaiserschnitt
Über "Maschgiach" und "Heschscharim": Warum eine Molkerei im Wienerwald zweimal wöchentlich koscher produziert
Bericht: Joseph Gepp
Wäre nicht das Knattern der Maschinen am Hof der Aschauers, Laab im Walde wäre an diesem Wintervormittag völlig still und menschenleer. Nebelverhangene Hausreihen, ein Gemeindeamt, ein Post-Partner, "Überholverbot gilt nicht für Traktoren". Laab im Walde liegt keine fünf Kilometer von Wiens Stadtgrenze entfernt, und trotzdem: Hier ist schon allertiefstes Niederösterreich.
Martin Aschauer, 43, ist früh aufgestanden, heute ist Koscher-Tag, wie jeden Montag und Donnerstag. Viertel vor fünf klopft Boris Samechov, der Maschgiach, an die Tür. Maschgiach bedeutet Koscher-Aufseher, und als solcher überwacht Samechov, 31, eigentlich Lehrer, die Produktion. Der Zentralasiate schaut den Bauern beim Melken über die Schultern, er begleitet den Tankwagen zur Verarbeitungshalle, er prüft, ob Pasteurisierungsanlage und Joghurtwanne ordentlich ausgekocht wurden, bevor Koscheres in ihnen produziert wird. Samechov öffnet eine Schublade und zieht einen Bogen mit dem Ziel all dieser Mühen heraus: Heschscharim, kleine runde Pickerln mit hebräischen Buchstaben. Das sind Koscher-Gütesiegel. Am Ende des Tages kommen sie auf die Milchpackungen. Und erst dann kann ein orthodoxer Jude sicher sein, dass seine Milch nach den Gesetzen der jüdischen Ernährung hergestellt wurde.