Das System Schlecker
Die Stimme der Frau ist verzerrt, es sind nur Umrisse zu erkennen. Frau Z., wie sie der ORF-Redakteur nennt, hat nichts verbrochen, weswegen sie ihr Gesicht vor dem Fernsehpublikum verstecken müsste. Frau Z. hat Angst. Sie ist Verkäuferin in einer steirischen Filiale des Drogerie-Diskonters Schlecker und erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber – aus Angst vor einer Kündigung anonym. Der Arbeitsdruck sei enorm, erzählt Frau Z., ständig würden Dienstpläne geändert. Frau Z. empfindet ihre Arbeit als „moderne Sklaverei“, dementsprechend sei auch der Umgangston: „Wenn jemand von oben kommt und uns niedermacht, ist das sehr demütigend und das tut unwahrscheinlich weh.“
„Die Leiden einer jungen Kassiererin“ heißt das kürzlich erschienene Buch der 29-jährigen Französin Anna Sam. Darin gewährt sie Blicke hinter die Kulissen der bunten Warenwelt in französischen Supermärkten. Bei Sam geht es vor allem um die Probleme mit den Kunden, die Kassiererinnen oft respektlos behandelten. Frau Z. hingegen prangerte die Arbeitsbedingungen an. Schlecker dementierte: Man „distanziere sich ausdrücklich und ganz entschieden davon, Mitarbeiterinnen niederzumachen oder zu demütigen“. Von „Sklaventum“ bei Schlecker zu sprechen, sei „absurd“.