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Ausgebranntes Pulverfass
Wie marktschreierische Klappentexte täuschen können. Den ehemaligen Sowjetrepubliken Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgisistan und Kasachstan in Zentralasien wird in der Reklame für dieses Buch eine baldige Apokalypse vorausgesagt, verursacht vom Kampf der Großmächte um Erdöl und Erdgas, zerrissen von Drogen- und Waffenhandel, ethnischen Spannungen und Islamismus. Tatsächlich zeichnet der Autor Rob Johnson ein vielschichtiges und ausgewogenes Panorama Zentralasiens. Seine These: Die Konkurrenz der Großmächte USA, Russland und China um die Ausbeutung und den Transport der Bodenschätze zeige hier sogar eine stabilisierende Wirkung und zunehmende Zusammenarbeit.
Einen großen Platz nimmt die Analyse der islamistischen Bewegungen ein, allen voran der wichtigsten Gruppierung in Zentralasien, der Hizb-ut-Tahrir. Sie strebt ein zentralasiatisches Kalifat von Afghanistan bis Tschetschenien an und die Einführung der Scharia - offiziell mit friedlichen Mitteln. Aber ihre extreme Rhetorik gegen den Westen und Israel unterscheidet Hizb-ut-Tahrir kaum von den Taliban oder Al-Kaida.
Die Unterdrückung jeglicher Opposition unter dem Vorwand des Kampfes gegen den fundamentalistischen Terror beleuchtet der Autor detailliert und differenziert. Seine Schlussfolgerung: Es handelt sich um keine einheitliche islamistische Bewegung. Die Lage am Hindukusch hat sich seit 2000 eher beruhigt. Das Pulverfass ist nicht am Explodieren.
Rob Johnson: Pulverfass am Hindukusch. Theiss Verlag, 248 S., € 21,90