Was die Wasserflasche am Wagen macht
Informationsbureau
Andrea Maria Dusl beantwortet knifflige Fragen der Leserschaft
Liebe Frau Andrea,
vergangenen Sommer, bei glühender Hitze, in der Nähe des Neusiedler Sees sah ich das Phänomen zum ersten Mal: Autos, die Wasserflaschen auf der Motorhaube liegen hatten. Niemand, den ich fragte, wusste, warum. Ich dachte, es hat was mit Kühlung zu tun. Letztes Wochenende, beim Spaziergang durch Perchtoldsdorf, sah ich wieder ein Auto mit den Flaschen drauf und rundherum. Was, bitte, hat das für einen Sinn?
Elisabeth Hellinger, via Facebook
Liebe Elisabeth,
das von Ihnen beobachtete Phänomen tauchte erstmals vergangenen Sommer auf. Es ist nicht auf das Meer der Wiener beschränkt und hat nichts mit Jahreszeiten zu tun. Ein alter Bekannter vieler Autofahrer steckt dahinter, der ebenso scheue wie kluge Marder. Elektrische Defekte nach Marderbiss stehen inzwischen auf Platz eins der Pannenstatistiken. Zündkabel, Kühlschläuche, Dämmmatten, Antennen, nichts ist vor den Nachtarbeitern sicher. Dabei schmeckt den Mardern der angebissene Gummi gar nicht. Sie verteidigen mit den wütenden Bissen nur ihr Revier, das sie vom fremden Geruch anderer Marder angegriffen wähnen. Die ihnen fremden Duftmarken haben Marder beim Parken außerhalb des heimischen Parkplatzes hinterlassen - Autos sind schließlich hochmobil; ihre Motorräume gemütliche Höhlen. Viele Hausmittel wurden ersonnen, um die bissigen Raubtiere von Kabeln und Dichtungen fernzuhalten. Netze mit Pferdeschwänzen sollten helfen, Strümpfe mit Hundehaaren, Mottenkugeln, Toilettensteine und Plastiksackerln über den Scheibenwischern. Autokonzerne entwickelten Ultraschallpiepser, Wildbiologen experimentierten mit elektrifizierten Hasengittern und Wolfsurin. Pfeffer wurde in Motoren gestreut und Voodoo-Zauber ausgesprochen. Indes, nichts schien zu helfen. Bis jemand auf die Idee mit den Flaschen kam. Wassergefüllt müssen sie sein, etikettenlos und am besten senkrecht aufgestellt. Wie der Abwehrzauber wirkt, ist noch unbekannt. Zwei Theorien stehen zur Diskussion. Lichtreflexionen von nächtlichen Scheinwerfern, die sich in den aufgestellten Flaschen zu einer Horror-Lichtorgel brechen. Und Infraschall, den die Flaschen aussenden, sobald das Wasser darin in tieffrequente Schwingung gerät. Mehr wissen nur die Wiesel selbst.