Düsteres Dekor aus der Dämmerung des Art Deco
Der tschechische Illustrator Alfons Mucha im Belvedere
Alfons Mucha (1860–1939) wusste Bescheid um die Macht der Bilder. Er machte Schauspielerinnen durch Plakate zu Stars, entwarf Werbungen für Staaten und Pralinenfirmen, Kirchenfenster und Comics. Er ließ Haare, Gewänder und Schriften zu grafischem Flechtwerk zusammenfließen. Ob die dargestellten Damen Theaterdolche oder Likörflaschen in der Hand hielten, war eine Frage des Honorars. Heute wäre er wohl Celebrityfotograf oder würde Fantasyromane verfilmen. Das Belvedere zeigt nun in einer etwas lieblosen Präsentation Gemälde, Grafiken und Interieurs des Werbegrafikers und Dekormalers.
Einen indirekten Wien-Bezug gibt es durch seine Gestaltung des Pavillons für Bosnien und Herzegowina auf der Weltausstellung in Paris; der allegorische Wandfries über die Geschichte des von Österreich annektierten Landes ist in der maßstabsgetreu rekonstruierten Ausstellungshalle zu sehen. In seiner Pariser Zeit entstanden großartig düstere Illustrationen literarischer Stoffe. Seine Dekorationen begannen sich über das gedruckte Papier hinaus auszudehnen. Als Beispiel sind in der Ausstellungen Entwürfe für das Juweliergeschäft Georges Fouquet zu sehen, dessen Flagshipstore Mucha 1901 mit wuchernden Pflanzedekors überzog. Man nennt es auch Jugendstil.
Nach schwindendem Erfolg in Paris zog sich Mucha nach dem Ersten Weltkrieg nach Prag zurück. Er stellte sich in den Dienst des neu gegründeten tschechoslowakischen Staates, entwarf Briefmarken, Banknoten und Orden. Mit Unterstützung eines amerikanischen Mäzens malte er 20 monumentale Gemälde eines „Slawischen Epos“, ein letzter Versuch, die Historienmalerei gegen die Filmleinwand antreten zu lassen. Im Belvedere sind zwei dieser grandios gescheiterten Bilder voller schmachtender Mädchen, kämpferischer Recken und hoffnungsfroher Sonnenstrahlen zu sehen. Das groteske Product-Placement einer jungen Nation.
Unteres Belvedere, bis 1.6.