Flimmern in Rot, Grün, Blau
Ende der 60er-Jahre versprach das neue Medium Video viel. Zu einer Zeit, als das Fernsehen nicht nur die Erde, sondern auch schon den Mond erobert hat, künstlerisch aber weniger Verwertbares geliefert hatte, suchte man nach Alternativen. Im Video fand man ein noch gar nicht angestaubtes Werkzeug, mit dem der Wirklichkeit gut auf den Leib zu rücken war, und dokumentierte damit zunächst einmal sich selbst, das eigene Sein und Wirken. An klassischer Antike orientiert turnte Bruce Nauman durch sein Atelier, um so den Kontrapost zu verlebendigen ("Walk with Contraposto"). Urs Lüthi verwertete sich gleichfalls skulptural, ließ sein Gesicht in einem Video "ohne Titel" weiblicherseits betasten. Ennio Tamburi ging am Weitesten zurück, suchte in "La Voce" den Urschrei rhythmisch vorzutragen: Alles Positionen, die 1973 nebst vielen anderen in der Trigon-Ausstellung "Audiovisuelle Botschaften" zu sehen waren. "Rewind/Fast Forward", die aktuelle Vorstellung der Videosammlung der Neuen Galerie, bezieht sich im Präsentations- und Katalogdesign nicht von ungefähr auf diese europaweit erste, ausschließlich Videoarbeiten gewidmete Schau. Immerhin betrifft ein Sammlungsschwerpunkt die Frühzeit des Videos, ein zweiter die jüngsten Entwicklungen. An insgesamt über 100 Stunden Material lässt sich erahnen, welche Wege die Videokunst seit ihren solipsistisch gefärbten Anfängen über Werbe- und Musikclip-Ästhetik, Expanded Cinema und Videoskulptur genommen hat, wie fruchtbar sie sich mit ihren Nachbardisziplinen Malerei und Kino auszutauschen wusste und um wie viel sperriger sie vergleichsweise immer noch ist.
Neue Galerie Graz, bis 24.5.