Und mach die Tür hinter dir zu
Selbstversuch
Am Dienstag wollte ich zur Vernissage von der Frau Widauer gehen, Babysitter organisiert, mit einer Freundin ausgemacht, alles, wusch mir in der Früh die Haare, und die waren dann so fluffig und ganz abnormal ansehnlich, dass ich mir die Frisur nicht mit einer Haube ruinieren wollte, ich radelte also ohne Haube ins Büro und ging dann nicht zu der Vernissage, weil ich den Abend dann doch lieber mit hundert Schneuztüchern, einem Thermophor und einem Fieberthermometer im Bett verbrachte. Aber ich hatte dabei die Haare sehr schön.
Immerhin musste ich wegen Heiserkeit auch nicht mit meinem Kind herumstreiten, das mit sechseinhalb in die Pubertät gekommen ist und nicht mehr mit uns spricht. Also noch weniger mit uns spricht als zuvor schon. Es schmust nicht mehr, es will nicht mehr gekitzelt werden, es will nur noch in seiner Hängematte liegen und ganz für sich und ganz laut "Was ist was"-CDs hören, und wenn ich ihm zwischendurch eins von Schiepeks hübschen Melamintellerchen mit einem Buttertöstchen ins Zimmer stelle, brummt es: Hm, und jetzt geh wieder. Und mach die Tür hinter dir zu. Zuweilen kuschelt es sich an mich und drückt mir warme Küsse auf die Backe, dann will es außerhalb der verabredeten Zeiten einen Film anschauen. Wenn sich diese Investition nicht lohnt, reduziert es den Kontakt wieder auf böses Geschau und pampigen Befehlston. Jetzt heult es gerade "Papa, du verlangst zu viel!!", und zwar, weil der Lange einfach nicht einsehen will, dass einmal in der Woche baden völlig reicht.