Wien, USA, Berlin: Revolution & Widerspruch
Der Komponist Hanns Eisler im Jüdischen Museum
Niemand habe den inneren Konflikt des linken Intellektuellen im Bereich der Musik sichtbarer verkörpert als Hanns Eisler, befand die FAZ in ihrem Nachruf auf den 1962 verstorbenen Komponisten. Der Zeitungsausschnitt ist das letzte Exponat der Ausstellung "Hanns Eisler - Mensch und Masse" im Jüdischen Museum; doch er könnte ebenso gut an deren Beginn stehen: als Motto für eine der interessantesten Künstlerbiografien des 20. Jahrhunderts (siehe auch Buchrezension auf Seite 20).
Die Schau konzentriert sich auf die inneren und äußeren Konflikte im Leben des 1898 geborenen Sohnes des Wiener Philosophen Rudolf Eisler. Etwa auf den Konflikt mit Arnold Schönberg, der Eisler zu seinen besten Schülern zählte, dessen kommunistische "Tiraden" aber stets für "Interessantmacherei" hielt; umgekehrt lehnte Eisler die Musik des geschätzten Zwölftonmeisters als bourgeois ab.
Lieber schrieb er Arbeiterlieder und ging nach Berlin - das er 1933 wieder verlassen musste. So tingelte er auf Agitpropreisen durch Westeuropa, wurde, nach dessen Zerwürfnis mit Kurt Weill, zum wichtigsten Partner Bert Brechts ("Solidaritätslied"). In Hollywood war er als Filmkomponist erfolgreich (Fritz Langs "Auch Henker sterben"), bis er 1948, denunziert von der eigenen Schwester, wegen "unamerikanischer Umtriebe" ausgewiesen wurde und schließlich in Ost-Berlin landete. Der DDR diente er, trotz mancher Widersprüche, als treuer, dank seines österreichischen Passes aber auch privilegierter Staatskomponist.
Aufschlussreiche, manchmal gar überraschende Originaldokumente erzählen im Jüdischen Museum nun von diesem so bewegten wie produktiven Leben. Wobei Eisler per Audioguide auch selbst zu Wort kommt: mit paradox anmutender Stimme, die vom "bourgeoisen" Wiener Tonfall ebenso geprägt ist wie vom Pathos des überzeugten Kommunisten.
Jüdisches Museum, bis 12.7.