Warum Krise nicht gleich Krise ist, oder: Das Schönste an der Krise ist ihre Prosa
Der Kommentar des Chefredakteurs
Die Krise erreicht die Seelen. Jeder muss in der Krise seinen Beitrag leisten. Wir wissen nicht genau, was die Krise für uns bedeutet. Aber im Herbst kann sich möglicherweise ein Silberstreif zeigen, wenn das Schlimmste bis dahin überwunden ist. Wenn nicht, kommt es noch viel schlimmer, und wir müssen uns auf düstere Jahre einstellen. Es kommt immer noch dicker: Schon treten Historiker als Propheten auf. Es droht eine Revolution, sagen sie, ein Krieg, ein eiserner Kanzler. Auch wenn sie uns die Butter vom Brot nimmt, die Krise gibt uns immer noch was zu beißen: Das fette Metaphernfutter geht uns nicht aus.
Was unterscheidet diese Krise von der letzten großen und nachhaltigen, von der großen Depression nach 1929? Einmal der ganz andere Organisationsgrad der Demokratien. Eine gewisse historische Erfahrung ist in den langen Friedens- und Wohlfahrtsjahren doch hinzugekommen. Die Schwäche der Führerfiguren, die da und dort beklagt wird, braucht nicht unbedingt ein Manko zu sein, denn sie steht zugleich für die Stärke der demokratischen Institutionen. Ein starker Staat läuft auch mit schwächerem Regierungspersonal, sonst wäre schon so manches Land in den letzten Jahren zusammengebrochen.