Mit leichter Hand fährt die Feder über den Strand

Matthias Dusini
Lexikon, FALTER 15/09 vom 08.04.2009

Das KunstHausWien zeigt Grafiken von Pablo Picasso

Wenn der Maler Pablo Picasso an den Strand ging, verwandelten sich die nackten Leiber in Faune und Kentauren. Einige Beispiele für diese modernen Bearbeitungen antiker Stoffe sind in der Ausstellung "Mythen, Fabeln und Modelle" zu sehen. Unter den 130 Lithografien finden sich auch etliche Darstellungen von Stierkämpfen und Frauen.

"Marie Therese hat ihn gereizt mit ihren blonden Haaren", erinnert sich der Künstler und Sammler Gert Huizinga, der den Meister in Paris noch persönlich kennenlernte. Einige der damals erworbenen Grafiken, die Huizinga dem Grafikmuseum Münster stiftete, sind nun im KunstHausWien zu sehen.

Urlaubsidylle und Abgrund sind auf den Bildern nicht weit voneinander entfernt. Vom heiteren "Stierkampf mit schwarzer Sonne" ist es im Inneren von Picassos Kosmos nur ein Schritt zum düsteren Blatt "Blinder Minotaurus, von einem Mädchen durch die Nacht geführt". "Neben der Skulptur und der Keramik ist die Druckgrafik in Picassos Werk jene Technik, in der seine Erfindungskraft besonders spürbar wird", sagt der Kunsthistoriker Andreas Hirsch, Kurator der Ausstellung. Picasso habe an der Druckgrafik die Möglichkeit fasziniert, bestimmte Fassungen seiner Werke im Entstehungsprozess festzuhalten, bevor er sie dann weiterverarbeitete und veränderte. Auf diese Weise konnte er Bildthemen und Motive immer wieder neu variieren, bisweilen sogar über Jahre hinweg, sodass eindrucksvolle Serien entstanden.

Einige Fotos dokumentieren den Mythos Picasso selbst, der in seinem Bekanntheitsgrad die antiken Götter längst übertroffen hat. Grafiken und Keramiken waren eben nicht nur Ausdrucks-, sondern Distributionsmittel seiner bereits zu Lebzeiten verklärten Originalität. Ein bisschen Geniekult strahlt also selbst von der Grafiksammlung eines Provinzmuseums in Hundertwassers schiefe Hütte.

KunstHausWien, bis 5.7.

ANZEIGE

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Dann abonnieren Sie jetzt und bleiben Sie mit unserem Newsletter immer informiert.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!