Nachgesehen
Der Schauplatz, am Tag nach dem Geschehen noch einmal betrachtet
Für ein paar Minuten war Otto Rudolf Braun ein Fernsehstar. Es war im Jahr 1996. Das Land wurde gerade wieder von Briefbomben der „Bajuwarischen Befreiungsarmee“ (BBA) terrorisiert. In der Talkshow „Schiejok täglich“ stellte sich Braun, damals 65 Jahre alt, als „Schriftsteller und ewiger Student“ vor.
„Ein fescher Mann, fast ein Graf“, schwärmte Schiejok. Wie ein Hahn im Korb genoss Herr Braun den Applaus der Damen im Publikum. Mit Scheitel und Schnurrbart wirkte er wie ein Aristokrat. Nur die Frauen, klagte Braun, „halten es nicht lange aus mit mir“.
Als Amtsdirektor Rudolf Huber die Sendung sah, wurde ihm unheimlich zumute. Huber wusste, dass dieser propere Herr bereits in den 50ern wegen Wiederbetätigung und Brandstiftung verurteilt worden war. Er wusste, dass Braun Pamphlete gegen „Tschuschen“, „Kameltreiber“, „Chinesen“, „Emanzen“ und „Araber“ verfasste. Huber wusste auch, wie die Ehe dieses falschen Grafen wirklich „geschieden“ worden war: durch den Tod. Braun hatte seine Erika bei einem Spaziergang erwürgt. Eine andere Frau gab an, er habe sie mit einem Kopfpolster ersticken wollen.