Nachgetragen
Wien, Europa und die Welt. Journal mehr oder weniger bedeutender Begebenheiten
Kunst Kritik
Jährlich einmal blickt das Künstlerhaus über die nationalen Grenzen und lädt die Kunstszene eines Landes ein, sich in Graz zu präsentieren. Als im letzten Jahr Italien an der Reihe war, nahm die Malerei denkbar breiten Raum in Anspruch, waren jedenfalls glatt designte Oberflächen gang und gäbe. Heuer mit Serbien ist das deutlich anders. Von Mirjana Peitler, Werner Fenz und ®ivko Grozdani´c vom Museum für gegenwärtige Kunst Vojvodina in Novi Sad kuratiert, will die Ausstellung „real presence“ einen Querschnitt durch das zeitgenössische Kunstschaffen in Serbien bieten und vermittelt dabei wenig Heimeliges, schickt sich doch die Kunst in Serbien an, die Vergangenheit aufzuarbeiten.
Dementsprechend politisch ist sie. Dementsprechend wenig einfach Schönes hat sie anzubieten. Was sie an bürgerlich geordneten Lebensentwürfen zeigt, hat sie vom Flohmarkt. Dragon Mati´c hat sich dort drei Familienalben besorgt, die außerdem zeigen, wie stereotyp Idyllen funktionieren. Dagegen macht der „Show room“, in welchem Goran Despotovski alte Mäntel mit einer Vielzahl kleiner Glückwunschkartenlautsprecher verkabelt, deutlich, dass im Überwachungsstaat nicht viel zu wünschen übrigbleibt. „Nichts ist mehr, wie es war“ hat Milan Blanuša groß und blutrot in die Apsis des Kunsttempels geschrieben und davor eine Menge ängstlich eingeknickter Terrakotta-Männchen aufgestellt. Und Nikola D¾afo, der 1993 seine Kollegen aufforderte, ihre Werke bis zum Ende des Sezessionskrieges einzufrieren, um die in sie investierte, künstlerische Wärme nicht zu verlieren, sammelt inzwischen Hasen aller Art als kleinen Beitrag für ein schöneres Leben.
Künstlerhaus, bis 27.9.