Zeit am Schirm
TV-Kolumne
Schau ma amoi“, sagt der Wiener und meint damit in etwa genau das Gegenteil. Es ist eine Art Glaubensbekenntnis des Immobilismus, welches besagt, dass das, was bislang aus guten Gründen nicht geschehen ist, besser auch weiterhin unterbleibt (wie Daniel Glattauer in einer scharfsinnigen Kolumne ausgeführt hat). Fortschrittliche Wiener Institutionen wie der Falter vertreten die dialektische Position eines „Alles soll so bleiben, wie es ist, nur besser“. Wenn man aus dem Urlaub an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt und die Politikredaktion auf einmal männerfrei ist, schließt man radikales Gender-Mainstreaming gefühlsmäßig eher aus – wahrscheinlich herrscht gerade Männerurlaub. Stimmt auch irgendwie – bloß dass der Bernold aus dem Urlaub nicht mehr zurückkommen wird. Jetzt, wo es anders ist als gerade eben, nämlich so wie früher, ahnt man, dass Veränderungen nicht schlechterdings schlecht, sondern einfach hochambivalent sind. Wer wird sich in Zukunft wortlos in meinem Zimmer aufbauen, um ein glissandierendes „Motherfuckaaaaah“ auszustoßen?! Das muss jetzt wohl die Tóth übernehmen, aber ich bezweifle ein wenig, dass sie wirklich die Richtige dafür ist.
Wer der Richtige ist, um mir den allerletzten Nerv zu rauben, steht freilich seit Jahrzehnten fest. Es kann nur einen geben, der 72 Stunden nach der vereinbarten Textabgabe bestens gelaunt die Redaktion betritt, um diese vier Stunden später in schlecht gespielter Zerknirschung zu verlassen: Der Text ist noch immer annähernd doppelt zu lang, aber der Tabor bleibt der Tabor. Und auch das ist, äh, sehr ambivalent.