Tipp Pop

Staubiger Auftakt einer neuen Austro-Vinylreihe

Lexikon, FALTER 50/10 vom 15.12.2010

Die erste Hälfte der 90er war eine gute Zeit für aufgeweckte junge Menschen und ihre elektronischen Kisten, und es war auch eine gute Zeit für zornige junge Menschen und ihre verzerrten Stromgitarren. Weniger gut waren diese Jahre für kunstsinnig-anarchische Dialektpopeigenbrötler, die weder die Dynamik von Attwenger noch die Breitenwirksamkeit eines Hubert von Goisern hatten. Aber kommt Zeit, kommt Wertschätzung. Als Auftakt zu "Early 7 Series", einer neuen Liebhaberreihe mit formschön gemachten österreichischen Vinylsingles, legt das in Wien ansässige Kleinlabel Early Morning Melody dieser Tage "Staub" neu auf, den vergessenen Austrodialektpopklassiker dieser Zeit.

Entstanden ist diese gleichermaßen tiefphilosophische wie komische Reflexion des alltäglichen Trotts 1992, die steirisch-wienerische Band Scheffenbichler hat ewiggültige Zeilen wie "Und so vüs d' a wischt und putzt, du kummst nur d'rauf dass des ois nix nutzt" damals noch Jahre vorm Alternative-Country-Boom mit verhatschten Austro-Americana-Klängen kombiniert. Die B-Seite der neuen Single enthält zwei Lieder; die beiden ehemaligen Scheffenbichler-Musiker Norbert Trummer und Klaus Tschabitzer alias Der Schwimmer teilen sie sich mit aktuellen Aufnahmen, die nach wie vor österreichischen Nischendialektpop ohne jegliches Folklore- oder Austropopklischee bieten.

300 Stück beträgt die Auflage, die kleinen schwarzen Scheiben stecken in handgefertigten Covers mit Staubmotiven aus der Serie "100 Lürche" des Judenburger Künstlers Klaus Pichler. Wer also noch ein Last-Minute-Weihnachtsgeschenk für aufgeschlossene Freunde österreichischer Popmusik sucht: Leiwander geht's kaum! Zur Präsentation der Single gibt es "Staub" aller Voraussicht nach auch noch einmal live zu hören. GS

Xi Café & Bar, Sa 20.00

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