Abschied nehmen auf Augenhöhe: Das Filmmuseum lädt zur Wiederentdeckung von Yasujiro Ozu
Würdigung: Gerhard Midding
Früher kursierte unter Kritikern die Scherzfrage, wer in der Lage sei, einen Ozu-Film von den anderen zu unterscheiden. Sie handeln unweigerlich von häuslichen Konflikten im Milieu der japanischen Mittelklasse, führen meist eine Jahreszeit im Titel und sind mit den gleichen Hauptdarstellern besetzt - dem heroisch zuverlässigen Chishu Ryu als bekümmertem Vater und der berückenden Setsuko Hara als Tochter am Ende des heiratsfähigen Alters.
Die Begegnung mit dem Stummfilmschaffen allerdings erweitert den Blick für die Vielgestaltigkeit von Ozus Œuvre. Seit dieser zu Beginn seiner Regiekarriere mit Komödien Erfolg hatte (er bezeichnete Lubitsch als einen seiner Meister), zieht sich ein Unterton mitunter derber Komik durchs Werk; und neben Melodramen finden sich sogar Hommagen an den amerikanischen Gangsterfilm. Aber diese Entdeckungen ergänzen das Bild eher, als dass sie es revidieren. Früh fand der trinkfeste Regisseur, der zeitlebens bei seiner Mutter