"Kreisky war immer ein Popstar“
Zum 100. Geburtstag von Bruno Kreisky wird auf die Schattenseiten des Kanzlers vergessen. Der Historiker Oliver Rathkolb erklärt, wo wir hinschauen sollten
Interview: Barbara Tóth
Oliver Rathkolb ist in Zeiten der Kreisky-Erinnerungsindustrie ein vielgefragter Mann. Der Vorstand des Zeitgeschichteinstituts an der Universität Wien ist Mitherausgeber von Kreiskys Memoiren und hat den Kanzler in seinen letzten Jahren immer wieder für lange, historische Gespräche getroffen.
Falter: Ist Kreisky ein Popstar?
Oliver Rathkolb: Er war es immer. Das sieht man schon daran, wie Fotografen und Karikaturisten mit ihm umgegangen sind. Jede Generation findet ihren Kreisky. Das hängt mit seiner Persönlichkeit und seinem Lebensweg zusammen, die beide für die österreichische Politik völlig atypisch waren.
Aber es gab doch auch eine Zeit, Ende der 70er-Jahre, da war er Establishment, Elterngeneration - und alles andere als "cool“.
Rathkolb: Establishment ja, aber trotzdem eine Figur, die unheimlich attraktiv