Der verschleppte Fall

Seit drei Jahren kämpfen die FPÖ und der ORF-Redakteur Ed Moschitz vor Gerichten. Längst ist die Causa ein Lehrstück dafür, wie politische Kampagnen gestrickt und Journalisten kriminalisiert werden

Sibylle Hamann
MEDIEN, FALTER 14/13 vom 02.04.2013

Ed Moschitz schaut müde aus. Die letzte Nacht hat er nicht geschlafen. Er hat es trotzdem geschafft, pünktlich zur Vehandlung da zu sein. Pünktlich ja – aber er steht im falschen Gebäude. Verhandlungssaal E? Den gibt es nicht im Landesgericht, und nicht in der Landesgerichtsstraße. Der ist im Oberlandesgericht, im Justizpalast. Im Justizpalast, wo auch die Verhandlungssäle des Obersten Gerichtshofs sind. Moschitz seufzt, die Schultern sacken noch ein Stückchen weiter nach vorn, er schaut schuldbewusst wie ein schlapper Jagdhund, dem wieder einmal die Ente entwischt ist. Ja, eh. Im Justizpalast war er ja auch schon. In einer der vielen leidigen Causen, die er seit drei Jahren mit sich herumschleppt.

Am OGH ging es darum, ob die Polizei alle Bänder von Moschitz’ mittlerweiler berühmter „Am Schauplatz“-Doku über jugendliche Skinheads sicherstellen darf (Urteil: Sie darf nicht, es gilt das Redaktionsgeheimnis, das entscheidende Band hat sie eh schon). Am Wiener Landesgericht geht es um üble Nachrede, gegen FPÖ-Politiker und FPÖ-nahe Publikationen. In Wiener Neustadt wurde gegen Moschitz wegen Anstiftung zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung ermittelt, bis 2011, dann wurde eingestellt. Offen ist dort jedoch ein Verfahren wegen Beweismittelfälschung. Und am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war die Causa auch schon: Dort ging es um die Frage, warum das alles so lang dauert (auch das Urteil darüber wird ebenfalls noch dauern).

Wiener Neustadt, Strache, die Neonazis und der Fälschungsverdacht: Das alles klebt am ORF-Redakteur wie ein unappetitlicher Kaugummi, der umso stärker pickt, je heftiger man ihn loszuwerden versucht. „Ich komm einfach nicht raus“, sagt er. Wer seinen Namen googelt, findet die Vorwürfe auf Anhieb. Das ist nicht nur persönlich schwer auszuhalten, es kann für einen Journalisten auch ziemlich hinderlich bei der Arbeit sein. „Mir ist schon oft passiert, dass Leute, die ich interviewen wollte, sich plötzlich zurückziehen. Weil sie den Eindruck kriegen: Der Typ hat mit der Polizei zu tun, steht vor Gericht, ständig ist da irgendwas mit Nazis und Wiederbetätigung. Mit dem stimmt was nicht.“

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  1550 Wörter       8 Minuten

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