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Dschihadismus und Resignation
Um zu verstehen, vor welchem Hintergrund die Hisbollah, die Al-Qaida und etliche islamische Staaten den syrischen Bürgerkrieg kapern, muss man der Entstehung und Entwicklung des Islam auf den Grund gehen. Ein ideale Hilfe für dieses Vorhaben ist das Buch "Geschichte der arabischen Welt“ von Alfred Schlicht. Der Orientalist und Diplomat legt darin die Wurzeln aller alten und neuen Konflikte im Nahen Osten frei.
Die große Stärke des Werks: Es entwirrt den Knäuel aus religiöser und weltlicher Geschichte in den arabischen Staaten - ohne Spin und Polemik.
Das komplexe Verhältnis zwischen Europa und den Arabern schlüsselt Schlicht verständlich auf und zeigt: Der islamische Orient und das christliche Abendland bekriegten sich im Laufe ihrer konfliktreichen Koexistenz nicht nur - sie interagierten auch miteinander, beeinflussten sich gegenseitig und schufen dadurch, wie etwa im maurischen Spanien, Neues in Kunst und Kultur.
Als Hauptnahrung für den erstarkenden Dschihadismus unserer Tage sieht Schlicht einen in der Politik und Kultur verankerten Reflex auf das Scheitern der Reformbemühungen der vergangenen 100 Jahre - und die von der arabischen Welt als unverzeihliche Provokation empfundene Gründung des Staates Israel. Ein hervorragende Lektüre, um die historische Dynamik der Konflikte in der arabischen Welt zu durchblicken.
Alfred Schlicht: Geschichte der arabischen Welt. Reclam, 400 S., € 23,60