Ohren auf
Wenn die Blätter fallen und die Beats knallen
Herbstmusik
Es soll Zeitgenossen geben, die auch im Winter gern "Sunshine Reggae“ hören. Noch heftiger kommt "Last Christmas“ im Sommer. Wer es doch gern saisonaler mag, für den sind gerade einige stimmungsvolle Alben in den Farben des Herbsts erschienen. Grau überwiegt.
Die Engländerin Anna Calvi, die schon 2011 mit ihrem Debüt fast vollständig überzeugte, singt auf "One Breath“ (Domino) über Depressionen und deren Überwindung. Das Resultat zieht nicht runter - es fesselt durchgehend. Calvi ist eine Meisterin darin, mit ganz schlichten Riffs viel Druck zu erzeugen. Umso größer wird die Wirkung der Songs, wenn Streicher und Anklänge an Filmmusik oder Neue Musik dazukommen. Sollte man gehört haben.
Noch eine Platte, die bereits von einigen Kritikern als "Album des Jahres“ gefeiert wurde, ist "Engravings“ (Triangle), das erste abendfüllende Werk des Liverpooler Dubstep-Produzenten Forest Swords. Das ist zu viel des Lobes, doch als Soundtapete taugen die zwischen Dub-Wummern und Trip-Hop-Reminiszenzen, Gitarren und Ambient sehr breit gefächerten Tracks absolut.
Ständig unter Meisterwerkverdacht steht der Schwede Axel Willner alias The Field, der Loops zu raumfüllenden Kakofonien zusammenschraubt. Nur wenige Technoproduzenten verstehen es, auf Albumlänge die Spannung zu halten. Willner gelingt dies nun schon zum wiederholten Male. "Cupid’s Head“ (Kompakt) ist sein emotionalstes und düsterstes Album bislang. Mehr Verdichtung erscheint kaum noch möglich.
Luftiger und auch ein bisschen nach Herbstsonne tönt "Psychic“ (Matador), das offizielle Debüt von Darkside alias Nicolas Jaar und Dave Harrington. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, nicht wie ein Produzententeam zu klingen, sondern wie eine Band - und sie auch gelöst: Kühle Grooves und Chicago-House-Zitate treffen auf zarte Psychedelik und soften Rock. Spannender ist allerdings ihr nur als Download erschienenes Daft-Punk-Remixalbum.