Geschichten von der dunklen Seite
Rockpoet, legendäre Zwiderwurzn und großer New-York-Vertoner: Der Sänger Lou Reed ist tot
Ein wenig seltsam war es schon, als Lou Reed im Sommer 2003 in Wien gastierte. Ausgerechnet ins Konzerthaus hatte der einstige Dreckspatz der New Yorker Rockkultur geladen, die Band spielte im Sitzen und Reeds Tai-Chi-Guru kasperlte bedeutungsschwer über die Bühne. "The Raven", das Album zur Tour, war eine ambitionierte Hommage an Edgar Allan Poe. Höflich formuliert.
Weniger höflich formuliert war es, wie so manches im Spätwerk des New Yorker Rockpoeten, ein prätentiöser Schas. Aber zwei Momente genügten, um den Abend zum Ereignis zu machen. Der erste kam, als der für seine Egomanie bekannte Lou Reed einen schüchternen jungen Mann aus dem Background ans Hauptmikrofon bat. Mit unfassbar schöner Stimme sang dieser dann "Candy Says", die todtraurige Hymne auf den transsexuellen Warhol-Star Candy Darling, die Lou Reed einst für seine Band The Velvet Underground geschrieben hatte.
Zwei Jahre später war der schüchterne Sänger als Kopf der Band Antony & The Johnsons selbst berühmt.