Ins Mark Der Kommentar zur steirischen Woche
Ernste Diagnose
Wie lebt es sich in den Jugend-WGs der Stadt Graz? Nicht besonders, sagt eine Evaluation: Die Mädchen und Buben fühlten sich zu wenig sicher, könnten zu wenig mitreden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ziele - etwa: der Jugendliche soll wieder zur Schule gehen -erreicht würden, sei zu gering, so der Studienautor: "Würden Sie sich in einem Krankenhaus behandeln lassen, das seine Ziele nur mit mittlerer Wahrscheinlichkeit erreicht?"
Die Evaluation wurde beauftragt, nachdem im Vorjahr jahrelange sexuelle Übergriffe in einer der WGs aufgeflogen waren. Man kann SP-Stadträtin Martina Schröck kaum vorwerfen, nicht rasch gehandelt zu haben: Sie schickte mehr Personal und die auf Prävention spezialisierte NGO Hazissa in die WG, richtete eine Ombudsstelle ein, beauftragte die Evaluation. Künftig sollen externe Träger die Wohngruppen betreiben, damit Betrieb und Kontrolle voneinander getrennt werden.
Zur Kritik am Jugendamt ließen allerdings weder dessen Leiterin noch Schröck viel hören, wie sie darauf reagieren wollen. Die WG-Mitarbeiter klagten über "rigide Vorgaben" durch das Jugendamt. Yvonne Seidler von Hazissa sieht dies auch in Zusammenhang mit der "Sozialraumorientierung" in der Grazer Jugendwohlfahrt. Deren Grundgedanken klingen gut -etwa Hilfe zur Selbsthilfe und das Verhindern unkoordinierter Unterstützungen. In Graz hört man jedoch immer öfter, die Fachkräfte fühlten sich nicht ernst genommen, vieles sei schwerfällig geworden. Seidler: "Die WG-Mitarbeiterinnen können gar nichts selbst entscheiden." Diese Diagnose kommt von so vielen Seiten, dass man sie ernst nehmen sollte. F