Enthusiasmuskolumne Diesmal: die beste Straßenmusikerin der Welt der Woche
Pop mit Wikingerhelm und Alienalarm
Ob sie die bemerkenswerteste Popdebütantin des vergangenen Jahres war, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die ungewöhnlichste war sie auf jeden Fall. Susan Dietrich aus den USA, die sich als Musikerin The Space Lady nennt, musste 65 Jahre alt werden, um ihr erstes Album zu veröffentlichen, "Greatest Hits".
Die Lieder darauf waren zwar schon 1990 für eine Eigenbaukassette im Lo-Fi-Verfahren entstanden; die Entdeckung, die das Hipster-Label Night School Records da gemacht hat, schmälert das aber kein bisschen. Begleitet vom Geplucker und Georgel eines kleinen Keyboards, das mehr Spielzeug als echtes Instrument ist, singt die Space Lady mit entrückter Stimme rührende Versionen von Liedern, die man eigentlich ganz anders kennt. Die Motorradrockerhymne "Born to Be Wild" von Steppenwolf etwa oder Peter Schillings NDW-Hit "Major Tom".
Die Geschichte dieser großen, naiven Kunst führt ins San Francisco der 1960er-Jahre. Dietrich und ihr Mann verbrannten damals alle Papiere; vor der möglichen Einberufung nach Vietnam flüchtete man in ein Leben outside of society. Das nötige Kleingeld dafür erspielte sich Dietrich als Straßenmusikerin mit einem Plastik-Wikingerhelm auf dem Kopf und einem Akkordeon, das später eben durch ein Keyboard ersetzt werden sollte.
Mit 20 haben ihr Außerirdische bei einem Space-Trip Einblicke in die Geheimnisse des Lebens gegeben, erzählt Dietrich in einem Interview. Als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war zwar alles wieder vergessen, im Unterbewusstsein sei es aber noch gespeichert. Crazy? Nun ja. Am 11. September gibt die Space Lady ihr Wien-Debüt. Nicht etwa auf der Kärntner Straße, sondern im Rhiz (22 Uhr). Sie absolviert 66-jährig nämlich gerade ihre erste Clubtour.