Ohren auf Clarinettes de France
Die Dame heißt Ornette, er bläst die Bassklarinette
Im europäischen Jazz ist der aus Lyon gebürtige Rohrblattist Louis Sclavis seit drei Jahrzehnten eine fixe Größe. Irgendwer hat ihm dann den von Béla Bartók geprägten Begriff der "Imaginären Folklore" umgehängt, und in der Tat war und ist Sclavis für Einflüsse aus anderen Weltgegenden immer offen. Das jüngste Album "Silk and Salt Melodies" (ECM) ist als Reise durch die Regionen Zentralasiens konzipiert, wobei beim Louis Sclavis Quartet das Unterwegssein selbst das Ziel zu sein scheint. Basslos und vorangetrieben vom schlanken, betörenden Bechertrommeln Keyvan Chemiranis klinken sich die Musiker in den Flow ein und streuen, bevor's zu beschaulich wird, ein paar schräge Gitarrenriffs oder einige filmnoireske Pianodissonanzen ein.
In eine ziemlich andere Richtung geht die Musik des Ensembles Aki Takase La Planète, für das die in Berlin lebende japanische Pianistin 14 recht unterschiedliche Stücke komponiert hat (eines kommt von ihrem Mann Alexander von Schlippenbach). Mit Takase und seinen Landsleuten Dominique Pifarély (v) und Vincent Courtois (cello) ist Sclavis hier damit befasst, eine teilweise hochnervöse und selbst in ihren ruhigeren Momenten hellwache Kammermusik zu entwerfen, die in wechselnden Konstellationen improvisatorisch aufgeraut wird.
Denis Colin ist einer der wenigen Reeds-Player, die sich ganz auf die Bassklarinette konzentrieren. Er hat auf dieser schon Jimi Hendrix, Stevie Wonder oder den Hip-Hopper Wyclef Jean gecovert und sich nun auf "Universe Nino" (Import) gemeinsam mit der Sängerin Ornette und einem Septett der Musik des italo-französischen Singer/Songwriters Nino Ferrer (1934-1998) angenommen. Herausgekommen ist ein zwischen irrlichternden Instrumentalpassagen und wiederholungsseligen bittersüßen Pop-Refrains changierendes, sehr französisches Album -très charmant, très sexy!