Vor 20 Jahren im Falter

Haidertheater

Wie wir wurden, was wir waren

Falter & Meinung, FALTER 41/14 vom 08.10.2014

Die Wahl war geschlagen. Die Falter-Redaktion nahm den Wahlabend zum Anlass für die traditionellen Reportagen, nur tauschte sie die Rollen. Nun waren einmal die Kulturredakteure dran. Klaus Nüchtern ging zum Liberalen Forum, Markus Wailand zur SPÖ, Doris Knecht zur ÖVP, Chris Duller zu den Grünen, und Roland Koberg zog als Theaterkritiker das große Los: die FPÖ.

Zwar begann Kobergs Abend nicht gut, denn er fand zwar nach einigen Versuchen ein stark besuchtes Lokal, das Intercontinental, doch sagte man ihm, er habe erstens keine Akkreditierung, und zweitens handle es sich um eine private Feier des Dr. Haider. "Da ich mir nicht vorstellen kann, dabei unerwünscht zu sein", schrieb Koberg, "bohre ich weiter. Der Falter sei zur FPÖ nicht sehr entgegenkommend gewesen in letzter Zeit, wird mir gesagt.,Finden Sie?', frage ich. ,Überlegts euch einmal, was ihr schreibts, dann schau ma weiter!', sagt der Mann schon etwas barsch.

Er ahnt wohl, dass es an diesem Abend für mich nichts Schöneres geben kann, als inmitten von FP-Anhängern den Wahlerfolg zu feiern. Ich habe auch kein Handy wie die Kollegin vom Profil, die auch nicht reindarf und ihrer Empörung wenigstens telefonisch Luft machen kann.

Also beginne ich, der Dame am Eingang insofern Gesellschaft zu leisten, als ich erstens bei der Fernsehübertragung mitlausche und zweitens meine ersten Lomos anfertige: ein Schnappschuss durch die Türe, von dem ich jetzt schon bedaure, dass im S/W-Druck der mit blauer Lebensmittelfarbe eingefärbte Sekt nicht zur Geltung kommen wird, ein nächster durch die Hintertüre, woraufhin der Hintertürlsteher Anweisung erhält, sie nicht mehr offen stehen zu lassen."

Als Jörg Haider endlich kommt, mischt sich Koberg mit seiner Lomo unter die Fotografen und gelangt ins Restaurant, wo er das Buffet plündert (Roastbeef mit Schwammerlreis), nachdem Haider abgezogen ist. "Gelernt ist gelernt. Die Erfahrung vieler Stehplatzrangeleien kann durch keine noch so harte Politjournalistenausbildung ersetzt werden. Profil etwa ist schon längst entnervt abgezogen."

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