Die fleißigen Helferlein

Tiz Schaffer
Steiermark, FALTER 3/2015 vom 14.01.2015

Kritiker der Zentralmatura befürchten, dass die Auseinandersetzung mit literarischen Texten immer mehr ins Hintertreffen gerät und die Schüler bloß noch im Gebrauch von Alltagstextsorten unterwiesen werden. Von diesem Drall zur Zweckorientierung hat sich scheinbar auch die Neue Mittelschule Pöls inspirieren lassen -Praxisnähe ist dort derzeit ein Thema.

Wie die Kleine Zeitung berichtete, wurden vorige Woche am Mittwoch um Punkt 16.30 Uhr Schüler in die Klasse gebeten, um online Förderansuchen bei der Abwicklungsstelle für Ökostrom Österreich (OEMAG) einzureichen. Aber nicht bloß, um sich mit den formalen Hürden eines Ansuchens vertraut zu machen, sondern auch, um für die Kunden eines Fotovoltaik-Unternehmens Zuwendungen einzufahren. Da es jedes Jahr viel mehr Förderanträge für Solaranlagen als Geld gibt, wie bei der OEMAG zu erfahren ist, bekommen diejenigen etwas, die nach Freischaltung der Förderansuchen-Pipeline am 7.1. um 17 Uhr am schnellsten ihr Ansuchen durchpumpen. Der Direktor der Schule rechtfertigte das Manöver als "praxisnahe Übung", der Fotovoltaik-Unternehmer meinte, er werde sich bei der Schule erkenntlich zeigen. Also eine Win-win-Situation, oder?

Das Büro des Landesschulrats erläuterte dem Falter, dass die Rechtsabteilung, sie ist derzeit am Prüfen, mit so einem Fall bislang noch nicht befasst gewesen sei. Der Paragraf 65a des Schulunterrichtsgesetzes, welcher besagt, dass zur Befähigung für das Berufsleben Kooperationen mit außerschulischen Einrichtungen eingegangen werden können, ist freilich sinnvoll. Aber wohl nicht dafür da, um unbezahlte freie Mitarbeiter in Schulklassen zu rekrutieren.

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