Nennen wir sie einfach mal die Alterspolitischen
Selbstversuch
Man erlebt oder erfährt etwas evident Ungerechtes mit einem klaren Schuldigen. Man lässt den Ärger in einer einigermaßen privaten Ecke des Internets ab, unter Leuten, die man alle persönlich kennt. Man macht keine genauen Angaben, nennt keine Namen, bekommt die erwarteten empörten Reaktionen und kann somit Dampf ablassen. Aber natürlich, verständlich, wollen alle wissen, wer und wo das genau war. Man gibt es nicht preis, aber: Eine teilt das trotzdem, ein anderer regt sich so auf, dass er das twittern möchte, und bittet um Identifizierung, und schon spürt man, wie das Fahrt aufnimmt. So geht also Shitstorm.
Plus: Es schaltet sich zuverlässig einer aus der Gruppe der politisch Spätberufenen dazu. Der Alterspolitische ist vergleichbar mit dem Altersschwulen. Er hat gewisse Denkoder Fühlweisen für sich ein Leben lang unterdrückt, schwamm immer brav und unauffällig in der Mitte des Mainstreams. Irgendwann, meist post 50, wenn es nicht mehr so wichtig ist, was andere von ihm denken, oder wenn er in den sozialen Netzwerken sieht, dass andere sich auch trauen, wagt er plötzlich eine eigene politische Meinung. Und wow! Das erhebt den Menschen, er ist jetzt ganz bei sich, er will noch mehr Öffentlichkeit, und hurra, es gibt Facebook und Twitter. Man denkt und spricht jetzt politisch! Man wird gehört! Man bekommt viele Likes! Man hat ein Forum! Man fühlt sich wie neugeboren. Und man will mehr davon.