Wenn der Psychoanalytiker kuratieren geht
Es gibt wohl nicht viele bildende Künstler, die schon einen Oscar gewonnen haben. Der Franzose Pierre Bismuth, dem die Kunsthalle Wien jetzt eine Retrospektive widmet, kassierte 2005 für seine Mitarbeit am Drehbuch für Michel Gondrys Film "Eternal Sunshine of the Spotless Mind" einen Academy Award. Der 1963 geborene Künstler hat in Wien schon mehrmals in der Christine König Galerie seinen süffisanten Humor und sein Faible für Popkultur bewiesen. Auf ein Medium lässt er sich nicht festlegen, Gemälde und Zeichnungen zählen ebenso zu seinem Werk wie Filme und Installationen, in denen er sich auch auf ironische Weise Helden der Kunstgeschichte wie Lucio Fontana oder Willem de Kooning nähert. Bei der aktuellen Schau "Der Kurator, der Anwalt und der Psychoanalytiker" involviert Bismuth drei Personen, die aus seinen Arbeiten der letzten 30 Jahre Ausstellungsexponate auswählen und auch Erklärungen dazu verfassen werden. Der Künstler möchte damit die kuratorische Herangehensweise infrage stellen, die uns heute selbstverständlich erscheinen. Die Ausstellung wandert mit der Plakataktion "Performances" auch in den öffentlichen Raum.
Parallel eröffnet die Kunsthalle die Gruppenschau "The Future of Memory", die sich mit dem Wandel unserer Kommunikationskultur auseinandersetzt. Anstatt Gestern, Heute und Morgen würden die digitalen Medien eine permanente Gegenwart erzeugen, indem sie private und kollektive Erinnerung ineinanderfallen lassen. Die Schau ist eine Fortführung der im Vorjahr von Nicolas Schafhausen und Vanessa Joan Müller in Belgrad gezeigten Ausstellung "55. Oktober-Salon". Dort waren vor allem Foto- und Filmarbeiten sowie Collagen zu sehen, die sich kritisch mit dem Thema Erinnerung in Zeiten scheinbar endloser Datenspeicher beschäftigten.
Kunsthalle Wien, Di 19.00; bis 22.3. bzw. 29.3.