Dylan für Leute, die Dylan nicht mögen

Christopher Wurmdobler
Feuilleton, FALTER 6/2015 vom 04.02.2015

Dylologen sollten an dieser Stelle besser gleich wieder zu lesen aufhören. Mit Bob Dylan kann man mich nämlich jagen. Mit Schrecken erinnere ich mich an das Greatest-Hits-Mixtape, das meine Mutter fälschlicherweise mit "Bob Dylon" beschriftet hatte. Es lag fix in unserem Auto und machte fade Fahrten auch nicht lustiger. Es war vor allem seine nervige Quäkstimme, die Dylan für mich unaushaltbar machte.

Wie gut Herr Zimmerman als Songschreiber ist, merkte ich erst mit zunehmenden Englisch- und Popkenntnissen. Gecovert ist Dylan sogar hörbar. Singt zum Beispiel Bryan Ferry "Make You Feel My Love"(auf seinem Album "Dylanesque"), rührt mich das zu Tränen.

Inzwischen kenne ich sehr viele Dylan-Songs - aber fast keinen im Original. "Born in Time" von 1990 war mir bis vor einer Woche unbekannt - es war halt nicht auf dem Familien-Mixtape im Auto drauf. Dann habe ich "Gruber geht" im Gartenbaukino gesehen, den Film nach dem Knecht-Roman. Das Buch habe ich auch gelesen, dass dieser Gruber Dylan-Fan ist, war mir damals allerdings egal.

Auch im Film ist Dylan sehr präsent , im Soundtrack finden sich mehrere seiner Songs. Und eben "Born in Time", gecovert von Gustav. Die Wiener Musikerin setzt dem wahnsinnig schönen Ende des Films mit ihrer Abspannmusik noch ein wahnsinnig schönes Ende drauf. Minimalistisch, begleitet von einer Ukulele, zart gesungen, den Text fast zerkaut: "In the foggy web of destiny, you can have what's left of me."

Gustav hat auch eine deutsche Version des Songs eingespielt (zu hören auf ihrer Soundcloud-Seite):"An dem Tag" ist noch weniger Dylan, noch mehr Gustav: "Die süße Ahnung von Glück, die wünsch ich mir zurück wie den Tag, der vor mir lag." Genau!

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