Neue Bücher Lyrik von der Front und aus dem Alltag
Um den Horror des Ersten Weltkriegs zu bannen, erfand der englische Lyriker Wilfred Owen (1893-1918) die Formel: "The Poetry is in the pity" - "Die Poesie liegt im Mitleid". In seinen von Johannes CS Frank neu übersetzten Gedichten ist treffender von "Erbärmlichkeit" die Rede. Die Erfahrungen des Sprachlehrers Owen, der sich 1917 freiwillig zum Stellungskrieg nach Frankreich gemeldet hatte, klingen dichterisch so: "Augäpfel, riesig angeschwollen wie Tintenfische / schauen mir noch immer im Traum entgegen."
Bedichtet werden die "Irren", Kriegstraumatisierten und Verwundeten, die "durch Sümpfe aus Fleisch" waten und für die "Sonnenlicht verschmiertes Blut" ist. Der Feind ist dem Humanisten Owen bloß gegnerisches Spiegelbild. Mit expressivem Gestus geht es schließlich ums Ganze: "Ach, der Tod war nie unser Feind!" Am 4. November 1918, kurz vor Kriegsende, wurde Owen tödlich verwundet. EK
Wilfred Owen: Die Erbärmlichkeit des Krieges. Dt. v. Johannes CS Frank. Verlagshaus J. Frank, 156 S., € 15,40
Einen Namen gemacht hat sich die in Wien lebende Südtirolerin Sabine Gruber mit Romanen, zuletzt "Stillbach oder Die Sehnsucht"."Zu Ende gebaut ist nie", ihr erst zweiter Gedichtband, ist eher ein Heft als ein Buch. Der überschaubare Umfang soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gruber es mit dem wenigen, das sich hier findet, sehr ernst meint.
Sie schöpft für ihre Gedichte aus dem Alltäglichen. Die Inspiration kann schon einmal vom Betrachten der Waschmaschine bei der Arbeit kommen ("Ich schau in mich, wie in die Trommel. / Monotones Rotieren im Schongang"); im Titelgedicht wird das Leben und Sterben mit dem Bauen verglichen ("Zu Ende gebaut ist nie. Trugschluß, / Daß mit dem Notausgang nach drüben /Das Atmen Sinn gewönne"). Die Texte haben aber nichts Beiläufiges oder gar Unfertiges an sich, man merkt die lange sprachliche Arbeit und das Bemühen um Klarheit und Präzision im Poetischen. SF
Sabine Gruber: Zu Ende gebaut ist nie. Gedichte. Haymon, 24 S., € 16,90