Mit Gspür fürs große Erbe des Roten Wien
Rechtzeitig zum Wahlkampfstart entdeckt die Wiener SPÖ ihre Wurzeln und erfindet den Gemeindebau neu
Nachgetragen Journal mehr oder weniger bedeutender urbaner Begebenheiten
Christoph Chorherr ärgert sich. Denn in der Langobardenstraße, gleich neben dem Donauspital in der Donaustadt, gibt es dieses eine Haus. Es ist verkehrstechnisch gut angebunden, bietet Platz für 500 Menschen und -steht seit dem Jahr 2013 leer. In Zeiten, in denen die Wiener Bevölkerung rasant wächst und Wohnraum knapp wird, schüttelt der grüne Planungssprecher Chorherr darüber den Kopf und sagt: "Ich will, dass dieses Haus endlich dem Wohnungsmarkt zugeführt wird und man daraus Einstiegswohnungen oder Genossenschaftswohnungen macht."
Das Haus gehört dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), einem Unternehmen der Stadt Wien. Früher dienten solche Gebäude Krankenpflegeschülern oder Mitarbeiterinnen von Krankenhäusern als günstige Wohnmöglichkeit, wenn sie in Wien keine Wohnung hatten, aber in der Hauptstadt gebraucht wurden. Weil der Bedarf für solche Wohnungen stark abnahm, verwaiste manches Haus des KAV -so wie jenes in der Langobardenstraße.
Deshalb scheint das Haus neben anderen auch im aktuellen Tätigkeitsbericht des Stadtrechnungshofs auf. Die Empfehlung der Prüfer: Der KAV solle ermitteln, wie viele Personalwohnungen und Häuser er künftig tatsächlich brauche. Die Forderung des Kontrollberichts kommt den Wiener Grünen nun zupass. Schließlich ziehen sie mit dem Thema Wohnen in den Wiener Wahlkampf. Vergangene Woche forderten sie etwa, die Stadt solle jedes Jahr 1000 neue Gemeindewohnungen errichten. Und 40 Quadratmeter große Startwohnungen sollten für junge Wiener monatlich nur 365 Euro warm kosten.
Ob man solche Wohnungen bald in der Langobardenstraße findet? Vor Redaktionsschluss meldete sich ein Sprecher des KAV auf die Falter-Anfrage zurück: "Der KAV hat den Leerstand des Wohnhauses dem Immobilienmanagement der Stadt Wien gemeldet." Die Stadt müsse nun prüfen, ob sie Bedarf am Wohnhaus hat, das seit zwei Jahren leersteht.