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Beim Lesefest kann man die knusprigsten Literaten der Steiermark persönlich kennenlernen

Tiz Schaffer
FALTER:Woche, FALTER:Woche 10/2015 vom 04.03.2015

Man muss sich nicht alles anhören", sagt Birgit Pölzl. Das ist kein Aufruf zum Widerstand, sondern ein dezenter Hinweis darauf, dass man als Besucher des an zwei Tagen jeweils fast sechs Stunden dauernden "Lesefest. Neue Texte" sich dann und wann schon ein wenig die Beine vertreten darf. Denn dem einen oder anderen wird das geballte Aufkommen von Literatur trotz der drei 15-minütigen Pausen zu viel werden.

Denn was für den herkömmlichen Menschen gilt, das gilt auch für den Dichter: Es gibt gute und es gibt weniger gute. Allerdings hätte man sich bemüht, so Pölzl, die selber Literatin ist und das Lesefest veranstaltet, die einzelnen Leseblöcke (jeweils fünf Lesende mit fünf Einführenden, dann Pause) bunt und abwechslungsreich zu gestalten - was den literarischen Ton der Lesenden betrifft.

Es sind heuer genau 41 Literatinnen und Literaten zum Lesefest geladen. Zum einen jene, die im letzten Jahr veröffentlicht haben: etwa Mike Markart, Mathias Grilj, Clemens Setz, Dzevad Karahasan, Andrea Stift oder Gerhild Steinbuch. Mit Ausnahme allerdings der Krimiautoren. Haben die das verdient? Sicher nicht alle, nur das Aufkommen in diesem Sektor ist derart hoch, so Pölzl, dass das Format des Festes gesprengt würde. Man ist ohnehin schon an seinen Grenzen angelangt. Vor zwei Jahren wurde die Veranstaltung auf zwei Tage ausgeweitet. Vielleicht doch eines Tages noch eine Jury einzuführen, ist ein Gedanke, der Pölzl immer wieder beschleicht. Glücklich macht er sie nicht. Zum einen zeichnet das Lesefest aus, dass die Zugangsbeschränkungen niederschwellig sind und die damit einhergehenden Qualitätsschwankungen den Geist für die feine Unterschiede schärfen. Und führt man eine Jury ein, bleiben Kränkungen nicht aus. Zudem bekommt man nirgends einen so kompakten Überblick über das Schaffen steirischer Literaten geboten.

Zu den Autoren, die zuletzt veröffentlicht haben, gesellen sich noch jene, die bepreist wurden. Als da etwa wären Olga Flor, Valerie Fritsch, Angelika Reitzer, Helmut Schranz oder - einer der Aufsteiger des Vorjahres - Ferdinand Schmalz. Nicht zu vergessen der Special Guest, der derzeitige Stadtschreiber László Garaczi.

Die Lesungen finden quasi im Duo statt: In einer Einführung stellt ein Literat den anderen vor, dann folgt die achtminütige Lesung. Die Einführungen sind mitunter salbungsvoll, oft humorvoll, gelegentlich wird mit feiner Klinge Kritik geübt. Nicht leicht, wenn man bedenkt, dass man dem Kritisierten direkt gegenüber sitzt. Das dürfte auch ohne Krimiautoren für Spannung sorgen.

Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz, Sa, So, ab 14.00

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